Der Nutri- Score

Ernährungsexpertin Dr. Mareike Großhauser klärt auf:

Der Nutri-Score: Eine sinnvolle Kennzeichnung für mehr Gesundheit?

1. Im Jahr 2020 wurde deutschlandweit eine neue Kennzeichnung für Lebensmittel eingeführt, der Nutri-Score.                     Was ist das?

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat 2019 den Nutri-Score ins Leben gerufen, um Verbraucherinnen und Verbrauchern Hilfestellung bei der Einschätzung von Lebensmitteln zu geben. Entwickelt wurde der Nutri-Score ursprünglich in Frankreich von einem unabhängigen Forschungsteam der Gesundheitsbehörden. Bislang ist die Kennzeichnung der Lebensmittel mit dem Nutri-Score freiwillig.

2. Nach welchen Kriterien werden Lebensmittel in die fünf verschiedenen Kategorien eingeteilt?

Der Nutri-Score besteht aus einer fünfstufigen, farbigen Buchstabenskala, gekennzeichnet durch die Buchstaben A (rot) bis E (rot). Der hervorgehobene Buchstabe bezieht sich auf das verpackte Lebensmittel und stellt dessen ernährungsphysiologische Bewertung dar. Die Farbe Grün gibt ein günstiges und die Farbe Rot ein ungünstiges Nährstoffprofil an. Mit Hilfe eines Punktesystems wird die Nährwertzusammensetzung eines Lebensmittels bewertet. Während sich der Gehalt an Eiweiß, Ballaststoffen, aber auch von Obst und Gemüse günstig auswirkt, werden ein hoher Gehalt pro 100 g oder ml an Energie, Zucker, gesättigten Fetten und Salz negativ bewertet. Vitamine, Mineralstoffe und Zusatzstoffe bleiben unberücksichtigt. Je höher der Anteil an den wertgebenden Inhaltsstoffen ist, desto mehr Punkte können bei der Bewertung wieder abgezogen werden. Eine hohe Punktzahl führt zu einer schlechten Einstufung. 

3. Mit welchem Ziel wird diese Kennzeichnung eingeführt?

Ziel dieses Bewertungssystems ist eine Bewusstseinssensibilisierung der Bevölkerung. Mit Hilfe des Scores soll die Auswahl gesünderer Lebensmittel erleichtert und unterstützt werden. Angesichts der zunehmenden Entwicklung ernährungsabhängiger Erkrankungen wie Übergewicht, Diabetes Typ 2, Autoimmunerkrankungen, Alzheimer u.v.m. sind solche Maßnahmen sicherlich sinnvoll, um im Idealfall über ein verbessertes Einkaufsverhalten positiven Einfluss auf die Ernährung der Verbraucherinnen und Verbraucher nehmen zu können.

4. Welchen Nutzen hat der Verbraucher durch diese sogenannte Ampelkennzeichnung?

Ein großer Vorteil des Nutri-Scores ist, dass Lebensmittel der gleichen Kategorien schnell miteinander verglichen werden können. So kann z.B. ohne Ernährungsfachwissen der ernährungsphysiologisch besser eingestufte Joghurt schnell und einfach ermittelt werden.

5. Welche Nachteile hat der Nutri-Score?

Zu beachten gilt allerdings, dass insbesondere ein hoher Eiweißgehalt günstig bewertet wird, auch wenn Energie- und Zuckergehalt aus gesundheitlichen Gründen noch geringer ausfallen könnte. Das Vorhandensein von Zusatzstoffen, die der Gesundheit auch nicht immer zuträglich sind, wird ebenfalls nicht bei der Gesamtbewertung berücksichtigt. Somit können auch Lebensmittel der Kategorie A ein „gesundes“ Lebensmittel vorgeben, obwohl es im Einzelfall bessere Alternativen geben kann. Ein Vergleich verschiedener Produktgruppen ist ebenfalls nicht möglich.

6. Die Kennzeichnung mit dem Nutri-Score ist freiwillig.

Noch ist die Kennzeichnung freiwillig und betrifft wahrscheinlich zunächst vor allem die Lebensmittel mit einem günstigen Nährstoffprofil. Es ist sicherlich auch anzunehmen, dass nur wenige Hersteller motiviert sein werden, entsprechenden Produkten einen ungünstigen Score auszuweisen, um keine Einbußen zu riskieren. Die Zukunft wird die weitere Entwicklung zeigen.

7. In anderen Ländern gibt es den Nutri-Score bereits. Haben sich dort bereits positive Auswirkungen auf den Gesundheitszustand der Bevölkerung gezeigt?6. Die Kennzeichnung mit dem Nutri-Score ist freiwillig.

Es gibt bereits erste Studien, die einen Zusammenhang zwischen dem Nutri-Score und dem Kaufverhalten von Verbraucherinnen und Verbrauchern untersucht haben. So konnte beispielsweise ein belgisches Forscherteam zeigen, dass die Kaufabsichten der befragten Teilnehmer aufgrund des Nutri-Scores zugunsten gesünderer, markierter Lebensmittel im Vergleich zu nicht markierten ausfielen. Die durch die Nutri-Score-Bewertung „wahrgenommene Gesundheit“ beeinflusste das Kaufverhalten der Teilnehmer positiv. Um Auswirkungen auf den Gesundheitszustand der Bevölkerung feststellen zu können, ist die Zeitspanne zu kurz. Außerdem bedürfte es einer verpflichtenden Kennzeichnung, wofür erst auf EU-Ebene die rechtlichen Grundlagen geschaffen werden müssten.

8. Wie können Lebensmittel bewertet werden, wenn der Hersteller sich nicht an der freiwilligen Kennzeichnung mit dem Nutri-Score beteiligt?

Alle Lebensmittel müssen auf ihren Verpackungen Auskunft zum Gehalt von Energie, Kohlenhydraten, Zucker, Eiweiß, Fetten, gesättigten Fettsäuren und Salz pro 100 gr oder 100 ml geben. Lebensmittelrechtlich ebenfalls vorgeschrieben ist die Angabe einer Zutatenliste, deren Reihenfolge mengenabhängig erfolgt. An erster Stelle steht dabei die Zutat mit dem größten Mengenanteil, gefolgt von den weiteren Zutaten mit jeweils absteigenden Mengenanteilen. Sowohl die Nährwertkennzeichnung als auch die Zutatenliste geben bereits wertvolle Hinweise zur Zusammensetzung eines Lebensmittels. Viele Verbraucher und Verbraucherinnen könnten aber aufgrund mangelnden Ernährungswissens und fehlender Zeit eine schnelle Erkennung und Einschätzung eines Lebensmittels den Nutri- Score bevorzugen.

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Dr. Mareike Grosshauser