Cannabis-Teillegalisierung - Wie gehen Eltern damit am besten um?
Und welche Risiken birgt der Cannabiskonsum für Jugendliche?
Wenn Eltern bemerken, dass die Jacke ihres Kindes nach Cannabis riecht, ist die Verunsicherung oft groß. Die beschlossene Teil-Legalisierung von Cannabis für Erwachsene verstärkt die Sorge, dass die Droge für Minderjährige zur Normalität werden könnte. Doch wie sollten Eltern reagieren?
Häufig greifen Teenager zum Joint, um Stress abzubauen, zu entspannen oder Probleme zu verdrängen. Doch die erhoffte Wirkung kann ins Gegenteil umschlagen. Cannabis kann von Person zu Person unterschiedlich wirken und akute Nebenwirkungen wie Angstzustände, Orientierungslosigkeit, verminderte Reaktionsfähigkeit, Erinnerungslücken, depressive Verstimmungen oder körperliche Beschwerden auslösen. Zudem besteht die Gefahr einer psychischen Abhängigkeit und eines erhöhten Risikos für psychische Erkrankungen wie Depressionen und Psychosen.
Noch gravierender sind die Folgen bei regelmäßigem, langfristigem Konsum. Psychische Erkrankungen wie Angststörungen, Depressionen, bipolare Störungen oder Psychosen können auftreten. Auch organische Schäden an den Atemwegen bis hin zu einem erhöhten Lungenkrebsrisiko sind möglich. Studien zeigen, dass der Cannabiskonsum im Jugendalter mit erhöhten Risiken verbunden ist. Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) kann regelmäßiger Cannabiskonsum in jungen Jahren die Hirnentwicklung beeinträchtigen und zu Konzentrations- und Lernproblemen führen und die Persönlichkeitsentwicklung beeinträchtigen.
Offene Kommunikation ist der Schlüssel:
Experten empfehlen Eltern, offen und altersgerecht mit ihren Kindern über Cannabis zu sprechen. „Es ist wichtig, dass Eltern eine vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre schaffen, in der Kinder und Jugendliche ihre Fragen und Sorgen äußern können“, rät Dr. med. Hans-Jürgen Rumpf, Professor für Klinische Psychologie an der Universität Lübeck. Vermeiden Sie Vorwürfe oder Verbote, sondern erklären Sie sachlich die Risiken und Ihre Bedenken.
Vorbildfunktion der Eltern:
Kinder und Jugendliche orientieren sich oft am Verhalten ihrer Eltern. Wenn Sie selbst einen verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol und anderen Substanzen vorleben, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass auch Ihre Kinder diese Haltung übernehmen. Reflektieren Sie Ihren eigenen Konsum kritisch und seien Sie sich Ihrer Vorbildrolle bewusst.
Alternativen aufzeigen und Selbstvertrauen stärken:
Unterstützen Sie Ihre Kinder dabei, Hobbys und Interessen zu entwickeln, die ihnen Freude bereiten und ihr Selbstvertrauen stärken. „Wenn Jugendliche in ihrer Freizeit sinnvollen Aktivitäten nachgehen und starke soziale Bindungen haben, sind sie weniger anfällig für Substanzmissbrauch“, erklärt Prof. Dr. Rainer Thomasius, Leiter des Deutschen Zentrums für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ).
Klare Regeln und Konsequenzen:
Setzen Sie gemeinsam mit Ihren Kindern klare Regeln zum Thema Cannabis und andere Drogen. Erklären Sie, welche Konsequenzen ein Verstoß gegen diese Regeln hat und setzen Sie diese auch konsequent um. Gleichzeitig ist es wichtig, Verständnis zu zeigen und bei Problemen unterstützend zur Seite zu stehen.
Wann kommen Jugendliche das erste Mal mit Drogen in Kontakt?
Meist kommen Heranwachsende in der Pubertät erstmals mit Drogen in Berührung. In dieser Phase der Veränderung, Selbstfindung und Abnabelung vom Elternhaus suchen sie häufig nach Kick, Abenteuer und Grenzerfahrungen. Auch Gruppenzwang kann eine Rolle spielen. Wenn Jugendliche Drogen nicht nur aus Experimentierlust konsumieren, kann dies ein Warnsignal für ernsthafte Probleme sein. Und Cannabis wird als „Hilfe“ gegen Versagensängste in Schule/Job, Liebeskummer oder Konflikte in der Familie eingesetzt.
Wie können Eltern sich verhalten?
Besteht der Verdacht, dass das eigene Kind Drogen nimmt, ist es wichtig, das Gespräch zu suchen und in engem Kontakt zu bleiben. Ein einmaliges „finales“ Gespräch reicht nicht aus. Eltern sollten Veränderungen konkret ansprechen, dabei aber ruhig und sachlich bleiben. Auch wenn viele Jugendliche zunächst mit Wut und Verzweiflung reagieren, ist es wichtig, nicht abwertend zu argumentieren oder dem Kind hinterher zu spionieren.
Stattdessen sollten Eltern ihre Bedenken über den Umgang mit „falschen Freunden“ klar begründen und nicht pauschal verbieten. Sie sollten mit den Eltern der Freunde über Auffälligkeiten sprechen und gemeinsam Regeln finden, dem Teenager gegenüber konstruktives Misstrauen zeigen, wenn er sich herausreden will. Gleichzeitig ist es wichtig, den Kontakt durch gemeinsame Unternehmungen zu stärken und den Jugendlichen einzubeziehen.
Anzeichen, die auf erhöhten Drogenkonsum hindeuten könnten:
Körperliche Anzeichen:
Ungesundes Aussehen, fahle Gesichtsfarbe,
gerötete Augen und vergrößerte Pupillen, Schlafstörungen, Appetitlosigkeit bzw. Fressattacken, häufige Übelkeit, Kreislaufstörungen, erhöhte Müdigkeit
und Antriebslosigkeit, Vernachlässigung
der Körperpflege und des äußeren Erscheinungsbilds, Mundtrockenheit und häufiger Durst.
Veränderung im Verhalten:
Starke Stimmungsschwankungen, unangemessen
aggressives, unruhiges, aber
auch depressives und zurückgezogenes
Verhalten, Wechsel zwischen Phasen der
Entspannung und Nervosität, kann nur
schlecht zuhören, wirkt unkonzentriert,
ist vergesslich, wechselt unvermittelt
Gesprächsthemen, fehlende Reaktion auf
wichtige Ereignisse, hat Koordinationsschwierigkeiten
Psychische Anzeichen:
Konzentrations- und Gedächtnisprobleme,
Motivationsverlust und Interessenlosigkeit,
Stimmungsschwankungen,
Reizbarkeit oder Aggressivität,
Ängste oder Niedergeschlagenheit,
Verlangen oder Gier nach Cannabis
Ungewöhnlicher Geldverbrauch:
Wenn Taschengeld oder Ersparnisse
schnell aufgebraucht sind und es
keine plausible Erklärung, dafür
gibt, heimliche Geldentnahme aus
dem elterlichen Portemonnaie.
Soziale Anzeichen:
Vernachlässigung von Pflichten in Schule, Ausbildung
oder Job, Rückzug von Freunden und Hobbys, Freundeskreis
verändert sich, hält die Tagesplanung nicht mehr
ein, lässt Hobbys und Sport schleifen, vernachlässigt
Aussehen und Körperpflege und lässt sein Zimmer verwahrlosen,
häufige Konflikte und Streit innerhalb der
Familie, Lügen und Ausreden, um Konsum zu vertuschen,
Beschaffungsdruck
BERATUNGSSTELLEN
Überregionale, Online Angebote können eine erste Anlaufstelle sein, wenn man anonym bleiben möchte oder in der Nähe keine passende Beratungsstelle findet. Oft vermitteln sie bei Bedarf auch an regionale Hilfsangebote weiter. Für eine langfristige Unterstützung empfiehlt sich jedoch der persönliche Kontakt zu einer Suchtberatungsstelle vor Ort.
NACOA Deutschland – Hilfsportal für Kinder aus suchterkrankter Eltern. https://nacoa.de/
Die Sucht- und Drogenhotline – Telefonische Beratung für Betroffene und Angehörige, https://www.sucht-und-drogen-hotline.de/
WEISSER RING – Hilfe für Opfer von Kriminalität und Gewalt, auch im Zusammenhang mit Sucht, https://weisser-ring.de/
BzGA – Online-Informationsportal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) mit Selbsttest, Wissenswertem zu Suchtformen und Beratungsstellen-Suche www.bzga.de
https://www.kenn-dein-limit.info
Quit the Shit – Online-Ausstiegsprogramm für cannabiskonsumierende Jugendliche und junge Erwachsene,
https://www.quit-the-shit.net/
Drugcom.de – Informationen und interaktive Angebote der BZgA zu legalen und illegalen Drogen, https://www.drugcom.de/
U25 Deutschland – Online-Suizidprävention und -hilfe für junge Menschen unter 25 Jahren, auch bei Suchtthemen
https://www.u25-deutschland.de/
OBERBERGISCHER, RHEINISCH-BERGISCHER und RHEIN-SIEG KREIS:
Diakonie Oberberg: https://beratung.diakonie.de/themen
Caritas Oberbergischer Kreis: https://www.caritasoberberg.de/hilfen-angebote/sucht/ueberblick/
Psychologische Beratungsstelle Herbstmühle https://caritas.erzbistum-koeln.de/beratung-wipperfuerth/start/
Caritas-RheinBerg Suchthilfe: https://www.caritasrheinberg.de/hilfen-angebote/suchthilfen/ueberblick/
Caritas Rhein-Sieg: https://www.caritas-rheinsieg.de/hilfen-und-angebote/beratung-und-angebote/suchtberatung/