TROCKENWERDEN ... manchmal gar nicht so einfach!
Es kommt die Zeit in jedem kleinen Leben, in der der Windel Ade gesagt wird. Ein oft unterschätzter Meilenstein in der Entwicklung eines Kindes. Es ist nicht nur ein Übergang von Windeln zu Unterwäsche, sondern auch ein Schritt hin zur Selbständigkeit. Aber wie geht man damit um, wenn es nicht so reibungslos klappt? Wenn das Kind kurz vor der Einschulung steht? Und welche Formen von „Einnässen gibt es überhaupt? Wir bringen etwas Licht ins Dunkel …
Ist ein Kind im Alter von fünf Jahren nachts noch nicht zuverlässig trocken, sind Eltern oft beunruhigt. Die Blasenkontrolle ist ein komplexer Reifungs- und Lernprozess, der Zeit braucht und in etwa bis zum 5. Lebensjahr andauert. Doch nicht bei jedem Kind ist dieser Prozess bis dahin auch abgeschlossen. Kinder entwickeln sich ähnlich wie beim Laufen oder Sprechen auch in der Blasenkontrolle unterschiedlich schnell und verschiedene Faktoren können den Prozess beeinflussen. Stehen die ersten Übernachtungen außer Haus an nimmt die Thematik an Bedeutung zu – spätestens ab dem Zeitpunkt der Einschulung. Dies kann für Kind und Eltern frustrierend und belastend sein.
Einnässen (Harninkontinenz) ist bei Kindern und Jugendlichen das häufigste urologische Symptom. Man unterscheidet zwischen dem Einnässen in der Nacht (auch Bettnässen oder medizinisch: als enuresis nocturna bezeichnet) und dem Einnässen tagsüber (der Harninkontinenz). Oftmals kommt es zu einer Kombination beider Formen.
Sowohl das nächtliche Bettnässen als auch die Harninkontinenz tagsüber sind auch bei älteren Kindern keine Seltenheit. Etwa 10% der Siebenjährigen, wobei Jungen doppelt so häufig betroffen sind wie Mädchen, nässen nachts noch ein. Tagsüber sind es in diesem Alter rund 2-3%. Bei etwa 15% der betroffenen Kinder kommt es jedes Jahr zu einer spontanen Besserung. Eltern sollten wissen, dass Kinder nie absichtlich einnässen. Sie fühlen sich oft beschämt. Sprecht euren Kindern Mut zu und vermittelt ihnen Zuversicht, dass man das mit etwas Geduld gut in den Griff bekommen kann.
DAS EINNÄSSEN MUSS ABGEKLÄRT WERDEN WENN:
ein Kind über drei Jahre alt ist und regelmäßig sowohl tagsüber als auch nachts einnässt
Kinder nach dem 5. Lebensjahr noch mindestens zweimal im Monat einnässen
unabhängig vom Alter, das Wasserlassen mit Schmerzen verbunden ist
NÄCHTLICHES EINNÄSSEN (enuresis nocturna)
Nächtliches Einnässen, auch enuresis nocturna oder „Bettnässen“ genannt, bezeichnet das Einnässen während des Schlafes in mindestens zwei Nächten pro Monat nach dem fünften Lebensjahr. Die primäre Form bedeutet, dass das Kind nie trocken war, während die sekundäre Form ein Wiederauftreten des nächtlichen Einnässens nach einer trockenen Phase von mindestens sechs Monaten ist.
Mögliche Ursachen können sein:
- Zu geringe Blasenkapazität und nicht ausreichende Harnspeicherung.
- Unzureichende Bildung des Hormons ADH (Antidiuretisches Hormon) in der Hirnanhangdrüse, was zur Folge hat, dass die Urinproduktion nachts nicht vermindert wird.
- Verzögerte Reifung von Nervenbahnen zur Blasenkontrolle: Das Kind wird durch den Reiz der vollen Blase nicht geweckt.
- Genetik: Enuresis kann in Familien gehäuft auftreten. Wenn ein Elternteil oder Geschwisterkind betroffen ist, erhöht sich das Risiko um 70%
- Psychosoziale Faktoren: Stress, Änderungen in der Familie (Geburt von Geschwistern, Scheidung, Familienverluste) oder emotionaler Druck (Ängste, Unsicherheiten, Trotzreaktionen, Schuleintritt, Umzüge, Konflikte mit Gleichaltrigen oder Erziehern)
- Falsche Trinkgewohnheiten: Trinken Kinder tagsüber zu wenig, fehlt der wichtige Reiz, das Speichervermögen der Harnblase altersentsprechend zu entwickeln. Die Blase bleibt zu klein. Bei Kindern, die am frühen Abend große Mengen trinken, wird nachts zu viel Urin produziert, der ausgeschieden werden muss.
- Organische Ursachen: In seltenen Fällen können anatomische oder medizinische Probleme wie eine Nieren- oder Blasenstörung die Enuresis verursachen.
HARNINKONTINENZ tagsüber
Sehr häufig wird das Bettnässen von einer Tagessymptomatik begleitet, die erst bei genauem Hinsehen sichtbar wird. Hier spielen begleitende körperliche Erkrankungen wie Harnwegsinfekte öfter eine Rolle als beim Bettnässen. Häufig liegt eine kindliche überaktive Blase vor. Die betroffenen Kinder gehen tagsüber sehr oft auf die Toilette. Das häufige Wasserlassen mit geringen Urinmengen und starkem, nicht zu unterdrückendem Harndrang kann durch eine kleine Blasenkapazität und Harndrangepisoden verursacht sein. Meistens fallen diese Kinder auch durch sogenannte Haltemanöver auf, z. B. Überkreuzen der Beine, auf, mit denen das Wasserlassen hinausgeschoben werden soll. Eine Untersuchung beim Kinderarzt kann helfen, die Gründe dafür zu finden.
Tagsüber auftretendes Einnässen hat andere Ursachen als das nächtliche Einnässen:
- Kindliche überaktive Blase: Noch nicht ausgereifte Steuerung der Blasenkontrolle. Die Blase wird schon bei geringem Füllungsvolumen entleert (Dranginkontinenz).
- Blasenentleerungsstörungen: Verengung der Harnröhre oder des Harnröhrenausganges vor oder ein Fehlverhalten beim Wasserlassen. Bei einigen Kindern öffnet sich der Schließmuskel bei der Blasenentleerung nicht vollständig.
- Miktionsaufschub: Verzögerter Toilettengang oder Vermeidung bestimmter Toiletten kann auch zu unwillkürlichem Urinverlust führen.
- Angeborene neurologische Erkrankungen oder anatomische Fehlbildungen.
- Mädchen können manchmal beim Wasserlassen ihren Beckenboden nicht entspannen, was eine vollständige Blasenentleerung verhindert.
- Seltener sind Stressinkontinenz, Lachinkontinenz und unteraktive Blase. Bei Stressinkontinenz führen körperliche Anstrengungen wie Husten oder Niesen zu ungewolltem Urinverlust. Bei der Lachinkontinenz löst Lachen eine komplette Blasenentleerung aus. Bei einer unteraktiven Blase spüren Kinder selten Harndrang und entleeren die Blase beim Toilettengang nicht vollständig.
EXPERTENINTERVIEW:
Harninkontinenz im Schulalter
Wie kann die Osteopathie bei dem Problem helfen? Interview mit Martina Klein
Physiotherapeutin, Osteopathin, Heilpraktikerin, Zusatzbezeichnung, Kinderosteopathie. Inhaberin der Praxis Martina Klein in Lindlar
1. Wie wirkt sich die kindliche Entwicklung auf die Blasenkontrolle aus?
Das Zusammenspiel von Blase und Gehirn ist ein komplizierter Reifungsprozess, der bei den Kindern unterschiedlich schnell abläuft. Die meisten Kinder werden in einem Alter zwischen 3 und 4 Jahren trocken. Beeinträchtigungen der Hirnentwicklung können sich dementsprechend auch auf das Miktionsverhalten der Kinder negativ auswirken.
Zusätzlich gibt es eine starke genetische Komponente, das bedeutet, dass ein Familienmitglied auch in der Kindheit unter einer Problematik des Einnässens gelitten hat.
2. Wann ist das sogenannte Töpfchen- Training sinnvoll?
Töpfchen-Training ist sicherlich sehr sinnvoll, sobald das Kind kognitiv reif genug ist. Zur Steigerung der körperlichen Wahrnehmung ist es auch sinnvoll das Kind im Sommer mal ohne Windel laufen zu lassen. Wenn die Windel über einen längeren Zeitraum trocken ist, macht es Sinn mit dem Töpfchen-Training zu starten
3. Wie geht man als Eltern damit um, wenn das schulpflichtige Kind tagsüber noch einnässt?
Wichtig ist der liebevolle Umgang mit dem Kind. Sie können Ihrem Kind die Sicherheit vermitteln, dass es von Ihnen auch trotz seines Problems geliebt und anerkannt wird. Ebenso können Sie als Eltern helfen das Selbstbewusstsein des Kindes zu stärken. Bestrafungen oder Schuldzuweisungen machen ganz sicher keinen Sinn, sie können die Symptomatik eher noch verschlimmern. Es ist aber ebenso wichtig, schnell was zu unternehmen, damit ein langer Leidensweg erspart bleibt. Der erste Gang sollte daher der zum Kinderarzt sein, der dann unter Umständen zur weiteren Abklärung weiterschickt. Erst wenn keine organische Erkrankung nachweisbar ist, handelt es sich tatsächlich um eine Enuresis.
4. Welche Hauptursachen sehen Sie für diese Probleme bei Kindern?
Kinder, die im Vorschulalter noch einnässen, geben meistens als Erklärung an, sie hätten es nicht oder erst zu spät gemerkt, dass sie zur Toilette gehen müssen. Bettnässende Kinder schlafen oft so fest, dass es zu einer unwillkürlichen Blasenentleerung kommt. Oft wachen diese Kinder auch nach dem Einnässen nicht auf.
Viele der Kinder, die tagsüber einnässen, verspüren zwar den Harndrang, können aber schlecht einschätzen, wann eine Entleerung notwendig wird und verzögern dann mit sogenannten Haltemanövern den Gang zur Toilette.
Häufig handelt es sich hierbei um eine mangelnde Wahrnehmungsfähigkeit körperlicher Signale. Vermutet werden hier Reifungsverzögerungen in wahrnehmungsverarbeitenden Regionen des Gehirns.
Bei Kindern die nur nachts einnässen, kann es sich ebenfalls um eine Reifungsverzögerung im Bereich des Weckzentrums des Gehirns handeln. Ein weiteres Problem kann die nicht ausreichende Produktion des antidiuretischen Hormons ADH sein, was ebenfalls für eine Reifungsverzögerung spricht. In einigen Fällen sind allerdings auch psychische Faktoren beteiligt.
5. Was versteht man unter kleiner Blasenkapazität?
Unter einer kleinen Blasenkapazität versteht man eine Harnblase, die sich nicht ausreichend ausdehnen kann und damit auch kein notwendiges Füllungsvermögen hat. Dafür gibt es sicherlich mehrere mögliche Gründe. Aus osteopathischer Sicht hat ein Beckenboden mit zu hoher Spannung, möglicherweise durch wiederholt durchgeführte Haltemanöver, einen hohen Einfluss auf die Fähigkeit der Ausdehnung der Harnblase. Einzelne Muskelfasern strahlen in die Wand der Harnblase mit ein, ein permanent angespannter Beckenboden kann den hohen Tonus in der Wand der Harnblase und somit eine schlechte Ausdehnungsmöglichkeit mit bedingen.
Ebenso können hohe intraabdominale Drucke dafür verantwortlich sein.
6. Wie kann die Osteopathie helfen?
Vor einigen Jahren habe ich in der Fachzeitschrift Osteopathische Medizin einen Fachartikel zur Behandlung der Enuresis veröffentlicht. Um es für Laien anschaulich zu machen, versuche ich wenige Fachbegriffe zu verwenden.
Wir haben in der Osteopathie 3 große Felder, die wir in unsere Behandlung mit einbeziehen. Zuerst schauen wir nach möglichen Blockaden, zum Beispiel des Beckens, des Übergangs Brustwirbelsäule und Lendenwirbelsäule und natürlich auch der Kopfgelenke. Dann versuchen wir über die Behandlung der Harnblase einen positiven Einfluss auf die Blasenkapazität und somit deren Füllungsvermögen zu nehmen. Ebenso arbeiten wir mit sogenannten cranialen Techniken, die einen Einfluss auf die Reifungsverzögerung des Gehirns haben können.
7. Was versteht man unter einer Urotherapie?
Das Konzept der Urotherapie wurde in den 1980er Jahren in Skandinavien entwickelt. Die wichtigsten Bestandteile der Urotherapie sind Informationen über die Entwicklung und Funktion der Harnblase und der Blasenentleerung, Charakterisierung der Harninkontinenz und Entwicklung von Strategien, die Blasenfunktion zu normalisieren. Wichtig ist hierbei immer die Zusammenarbeit eines interdisziplinären Teams.
8. Wann ist es sinnvoll Windelpiepser einzusetzen?
Windelpiepser oder Geräte die hauptsächlich nachts zum Einsatz kommen, um die Kinder mit einem Alarm zu wecken, machen nicht immer sofort Sinn. Wichtig ist, dass nach einer genauen Anamnese und natürlich auch Untersuchung klar ist, dass die Harnblase genügend Füllungskapazität hat. Das bedeutet, dass sie sich ausreichend ausdehnen kann.
Feststellen kann man das über ein sogenanntes Miktionsprotokoll, bei dem an mehreren aufeinander folgenden Tagen die maximale Füllungskapazität der Harnblase gemessen wird.
Ist das Füllungsvermögen der Harnblase noch nicht ausreichend, macht es leider keinen Sinn den Windelpiepser einzusetzen, da möglicherweise mehrfach in der Nacht das Gerät Alarm schlägt und damit auch die notwendige nächtliche Regeneration des Gehirns nicht ausreichend stattfinden kann.
9. Gibt es Medikamente, die eine Behandlung unterstützen??
Desmopressin ist ein Wirkstoff, der die Urinmenge reduziert. Eine Einnahme über 3 Monate wird empfohlen. Dadurch werden bis zu 70 % der Kinder trocken laut Hersteller. Allerdings nässen viele Kinder nach Absetzen des Medikaments wieder ein. Ich empfehle zur Unterstützung der Hirnreifung gerne Omega 3, Jod und Magnesium..
10. Wie können Eltern ihr Kind dabei unterstützen, die Situation zu verbessern?
Ganz wichtig ist es im Falle einer Dranginkontinenz den regelmäßigen Toilettengang zu unterstützen. Haltemanöver sollten unbedingt vermieden werden. Ich leite die Kinder an in jeder Pause zur Toilette zu gehen, auch wenn noch kein dringender Harndrang verspürt wird. Das Ziel sollte die maximale Entspannung des Beckenbodens sein. Je nach Befund können auch andere Übungen dazu kommen, teilweise auch durch die Eltern mit unterstützt. Studien zeigen, dass Kinder vor allem dann resilient werden, wenn sie auf mindestens eine emotional warme, vertraute und verlässliche Bezugsperson zählen können.
Weitere Faktoren, die die Resilienz bei Kindern stärken, sind die Förderung der positiven Selbstwahrnehmung, Vertrauen in die Selbstwirksamkeit, Lernen mit Stress umzugehen und die Fähigkeit fördern Probleme zu lösen..
DIAGNOSE UND BEHANDLUNG
Beim Kinderarzt werden verschiedene Untersuchungen durchgeführt. Dazu gehört das Erfragen der medizinischen Vorgeschichte, eine körperliche Untersuchung, Ultraschall und Urinproben. So können Stoffwechselerkrankungen, Infektionen oder Fehlbildungen der Harnwege ausgeschlossen werden, die als Ursache in Frage kommen könnten.
Ein Trink- und Miktionsprotokoll über drei Tage hilft dem Arzt, ein umfassendes Bild zu erhalten. Weitere Untersuchungen sind selten erforderlich, können aber in spezialisierten Zentren durchgeführt werden, wenn die Basisdiagnostik keine Lösung bietet.
Bei der Abfrage der Trink- und Basenentleerungsgewohnheiten ist jedes Detail von Bedeutung:
- Wann nässt das Kind ein und wie oft?
- Geht das Kind tagsüber häufig zur Toilette oder eher selten und dann zu spät?
- Setzt der Harndrang oft und dann ununterdrückbar ein?
- Ist der Harnstrahl unterbrochen oder gar stotternd?
- Wie groß sind die einzelnen Harnmengen?
- Hatte oder hat jemand in der Familie ein ähnliches Problem?
- Ist das Wasserlassen mit Schmerzen verbunden?
WELCHE THERAPIEFORMEN GIBT ES?
ALARMTHERAPIE (mit Wecksystem)
Hierunter versteht man Wecksysteme, die durch einen Sensor auf Feuchtigkeit reagieren und ein lautes akustisches oder stilles vibrierendes Signal geben. Die Therapie der Body-Type-Alarm-Methode, funktioniert über einen in der Unterhose platzierten Feuchtigkeitsfühler, der bei den ersten Tropfen Urin, die ungewollt den Körper verlassen, einen Weckalarm auslöst. Im Verlauf der Behandlung bemerkt das Kind den Alarm und schließlich den Harndrang und lernt, die Situation selbst zu steuern. Durch das Wecken des Kindes zum richtigen Zeitpunkt wird der nicht vorhandene Reflex des Aufwachens durch Harndrang trainiert. Das Durchschlafen ohne einnässen wird dadurch Schritt für Schritt erlernt.
Als Alternative gibt es die Bed-Type-Alarm-Fühler: Wenn das Kind den Fühler nicht am Körper tragen möchte, gibt es Matten mit Feuchtigkeitsfühler unter dem Bettbezug. Töne, Lautstärken, Intensität des Signals, Vibrationsalarm und Lichtsignale sind individuell einstellbar.
Der Erfolg dieser Behandlungsmethode ist sehr abhängig von der Mitarbeit und Motivation aller Beteiligter. Es empfiehlt sich den Ablauf vorher mit dem Kind klar abzusprechen. Die durchschnittliche Behandlungsdauer beträgt etwa 12 – 16 Wochen. Die Erfolgsrate ist jedoch hoch, nach etwa acht bis zehn Wochen beträgt sie 50 bis 80 %. Die Kinder schlafen nun entweder ohne einzunässen durch oder sie werden vorher rechtzeitig wach.
Werden durch das Signal nur die Eltern geweckt, muss das Kind ebenfalls geweckt werden – es sollte nicht schlaftrunken zur Toilette gebracht werden. Sollte das Kind mehrmals in der Nacht einnässen und die körperliche und psychische Belastung zu groß sein, können die Eltern durchaus dem Kind für die restliche Nacht eine Windel anziehen. Ein mehrfaches Wecken des Kindes in einer Nacht ist normalerweise nicht notwendig, da oft nur beim ersten Einnässen nachts die Blase sehr stark gefüllt ist und das Kind bei weiteren Ereignissen keinen Blasenfüllungsdruck verspüren kann. Eine wasserdichte Unterlage oder Trainingshose können hilfreich sein, das Frustpotenzial und die Wäscheberge zu verringern.
UROTHERAPIE
Die Urotherapie wird von ausgebildeten Urotherapeuten begleitet. Sie besteht aus verschiedenen verhaltenstherapeutischen Maßnahmen zur Behandlung der Enuresis. Dem Patienten werden zunächst die Anatomie sowie die funktionellen Abläufe seines Körpers erklärt. Dann wird die Wahrnehmung des eigenen Körpers und seiner Signale geschult. Für eine genaue Diagnostik ist das Führen eines Blasentagebuchs („Pipiprotokoll“) unbedingt erforderlich. Nur so erhält man einen guten Überblick über die Trink- und Toilettengewohnheiten des Patienten. Dies erleichtert das Abschätzen der Ursache des Einnässens. Zu einer wirkungsvollen Urotherapie gehört ebenfalls ein Verhaltenstraining, bei dem der Patient einem Trink- und Toilettenplan folgt. Die Kinder lernen, ihre Haupttrinkmenge vor dem frühen Abend zu sich zu nehmen, damit die Hauptausscheidung des Urins über Tag erfolgt, nächtliches Wasserlassen vermindert wird und die Blase sich richtig entwickeln kann. Die Urotherapie erfordert Ausdauer und Willenskraft sowie motivierte Kinder und Eltern.
MEDIKAMENTÖSE THERAPIE
Medikamente sollten nur in ganz speziellen Fällen vom Kinderarzt verordnet werden. Hierbei wird ein Medikament (Desmopressin) gegeben, welches dem körpereigenen Hormon ADH ähnelt und die Urinproduktion nachts reduziert. Es wird als (Schmelz-) Tablette abends eine Stunde vor dem Schlafen und vor dem letzten Toilettengang gegeben.
Zwei verschiedene Stärken des Wirkstoffs stehen zur Auswahl. Die ausreichende Dosis muss individuell gefunden werden. Die Behandlungsdauer beträgt mindestens sechs Wochen und sollte bei Erfolg über drei Monate weitergeführt werden. Die hohe Rückfallquote kann in vielen Fällen durch ein Ausschleichen der Behandlung reduziert werden. Im Fall von erneutem Auftreten des Einnässens nach Absetzen kann ein weiterer Versuch gestartet werden, dann ggf. in Kombination mit der Alarmtherapie. Nebenwirkungen können Übelkeit, Bauch- und Kopfschmerzen sein. Langzeitstudien zur Medikamentengabe liegen nicht vor. Übernachtungen im Kindergarten, bei Freunden oder während eines Klassenausfluges können durch das Medikament meist in kurzer Zeit ermöglicht werden.