Bergische Papa-Kolumne: "So oder so ..."
"Zankereien ..."
Stellen Sie sich vor, Sie sind Schiedsrichter in einem endlosen Fußballspiel, auf einem Spielfeld, übersät mit rumfliegenden Comics, spitzen Legosteinen und zer-knickten Sammelkarten. Genau, ich rede vom täglichen Match der Geschwister am Küchentisch, im Volksmund auch „Zankerei“ genannt. Es beginnt oft mit einem dieser magischen, austauschbaren Sätze: „Papa! Der hat mich gehauen …“ Als Vater von zwei ebenso süßen wie streitbaren Jungs ist die Rolle des Schiedsrichters jeden-falls mein tägliches Brot – und unparteiische Entscheidungen sind die größte Herausforderung.
„Ich hatte die Fernbedienung zuerst!“ (Egal, jetzt kriegt sie der Papa!)
„Der hat mir die Butter geklaut!“ (Egal, jetzt kriegt sie der Papa!)
„Der hat meine Chips aufgegessen!“ (Nein … das war der Papa.)
Gründe zum Streiten gibt’s für zwei kleine Brüder unendlich viele – und jeder Anlass wird wahrgenommen. Haben Sie schon mal versucht, den wahren Besitzer eines Bleistifts zu ermitteln, der wie jeder andere Bleistift aussieht, den Sie jemals gesehen haben, und von dem ein Dutzend weitere Exemplare rumliegt, was aber die Kontrahenten nicht weiter
interessiert? Und wenn’s nicht um Bleistifte geht, dann um die Frage, wer nach dem
Ausflug zuerst aufs Klo darf – obwohl einer schon die Beine zusammenkneift und der andere gar nicht muss. Oder eins meiner Highlights: „Papa, der hat mir die Zunge rausgestreckt!“ – „Stimmt gar nicht, ich hab‘ mich bloß mit der Zunge an der Lippe gekratzt!“ Muss man erst mal drauf kommen …
Oder die Nummer vergangene Woche. Tatort: Wieder der Küchentisch. Opfer diesmal: Zwei Stücke Marmorkuchen, dummerweise nicht exakt gleich groß. Ich hatte den Fehler begangen, die Stücke selbst abzuschneiden und gedankenlos auf die Teller zu legen. Ergebnis: Zwei empörte Söhne und endlose Diskussionen über Fairness, Ungerechtigkeit und den einen Sohn mehr zu lieben als den anderen – alles unterbrochen von erstaunlich präzisen Millimeter- Messungen mit dem Lineal, während beide Kuchenstücke in gleich große Quadrate zerlegt wurden. Und wer musste die Reste essen? Natürlich der Papa.
Noch eine Story? Gerne. Neulich hatten die Jungs beide den Kopf in den Nacken gelegt, starrten in den Himmel und stritten über die Farbgebung. Sie konnten sich nicht einigen, ob er himmelblau, hellblau, dunkelblau oder vielleicht doch eher mittelgrau war. Laien-Pädagoge durch und durch habe ich ihnen natürlich gleich ein kindgerechtes Buch über Malerei und Farben in die Hände gedrückt. Und sie haben tatsächlich drin geblättert! Eine Viertelstunde später war’s dann offiziell: Der Himmel war preußisch-blau.
Der hat mir die
Chips geklaut!
Mein Vetter, der Grundschullehrer, kann natürlich auch ein Liedchen zum Thema Kinderstreitigkeiten singen. Zwei seiner Schüler hatten sich in der großen Pause geohrfeigt (der größere) und vors Schienbein getreten (der kleinere). Der Ohrfeiger war Batman-Fan, der Schienbeintreter im Team Spiderman. Und beide beharrten darauf, dass ihr Superheld der stärkste, beste und coolste von allen sei. Mein Vetter – Profi-Pädagoge durch und durch – drückte dem einen ein Wollknäuel in die Hand (stellvertretend für Spidermans Spinnweben), dem anderen ein halbrundes Stück Pappe (Batmans Batarang). Damit sollten beide eine Dose in zehn Metern Entfernung treffen. Natürlich flogen weder Wolle noch Pappstück auch nur annähernd so weit. Mein Vetter kickte die Dose quer über den Schulhof: „Kapiert? Superman ist der stärkste, beste und coolste Superheld!“ Vielleicht muss ich ihn mal wieder zum Frühstück einladen, mein Vetter ist so oder so eine Bereicherung. Und er weiß bestimmt, was zu tun ist, wenn die Jungs mit ein paar Gummifetzen in der Hand ankommen: „Der hat meinen Luftballon platzen lassen!“ – „Aber nur weil er in meinen Luftraum eingedrungen ist.“ Ich bin einfach nur aufgestanden und aufs Klo gegangen. Das war nämlich frei. Merke: Wenn zwei sich streiten, ist Papa Erster!
Bis zum nächsten Mal – bleiben Sie friedlich
Ihr Bergischer Papa