Bergische Papa-Kolumne: "So oder so ..."
Bushcraft
Kennen Sie ein Tarp? Schon mal einen Mast geworfen? Oder Wegerich gekaut? Nein? Willkommen in meiner Welt – der Welt VOR meinem Papa-Sohn-Überlebenswochenende! Aber fangen wir von vorne an …
Beim gemütlichen Terrassenabend vor prasselnder Feuerschale fragte mein siebenjähriger Sohn: „Wollen wir nicht mal ein ‚echtes‘ Abenteuer, mit ‚richtigem‘ Feuer erleben?“ – Da gab’s nur eine Antwort: „Klar, cool.“ Und die Mama grinste souverän: „Schon gebucht. Ein Bushcraft-Seminar für ein Elternteil mit Kind, inklusive Lagerfeuer und draußen schlafen!“ Strahlende Jungsaugen, strahlende Männeraugen … und die leicht verzögerte Nachfrage: „Also, draußen schlafen wie draußen schlafen?“
Drei Wochen später standen Vater und Sohn irgendwo in der oberbergischen Pampa. Neben uns sechs weitere Eltern-Kind-Gespanne, vor uns ein Haufen Ausrüstung und ein kerniger Seminarleiter namens Hank (sein echter Name klingt nicht kernig genug). Väter und Mütter fachsimpelten über Rucksäcke, Messer und Isomatten, als wären sie auf einer Verkäufertagung des deutschen Outdoor-Fachhandels. Trotzdem atmeten alle auf, als sich rausstellte, dass die meisten lieber im Zelt schliefen als unterm Sternenhimmel oder einem Tarp. Ach ja, das Tarp …
Nimm eine Plane, spann‘ sie wie ein Dach über einen Ast oder ein Seil! Das ist ein Tarp.
Später suchten mein Sohn und ich unseren Zeltplatz aus und richteten mit der FÜHLEN UND DENKEN | Bergische Mama & Papa 23 nicht-kochenden Hälfte unserer Gruppe ein Gerüst aus Ästen, Stricken und Planen auf. Es sollte der Gruppe als Wind- und Regenschutz dienen. Was es auch tat. Bis der Wind drehte und den Lagerfeuerrauch unter die Plane blies. Wir fühlten uns wie Heringe in der Räucherkammer, aber immerhin war’s trocken. Was auch daran lag, dass es nicht regnete. Das passierte erst, als wir todmüde im Zelt lagen und feststellten, dass es durch jahrelange Lagerung undicht geworden war. Immerhin schwammen die selbstaufblasenden Isomatten im Wasser und die Schlafsäcke wurden nicht nass. Nur feucht.
Zuvor pflasterten noch einige Abenteuer den Weg in unsere schlaflose Nacht: Wir schnitzten etwa Zeltheringe und Kochhaken aus Bruchholz und lernten von Hank die oberste Überlebensregel: „Feuer vor Wasser!“ Die kann mein Sohn heute noch runterbeten: „Es geht immer nur um eins, Papa: Energie! Nicht abgekochtes Wasser macht Durchfall – und dann landet deine Energie im Klo.“ Außer natürlich, wenn‘s gar kein Klo gibt …
Sensationell fanden wir, wie Hank uns mit Brennnesseln folterte und die knallroten Quaddeln mit selbstgekautem Heilbrei wieder verschwinden ließ. Hier das Rezept: Spitzwegerich pflücken, mit Wasser mögliches Hunde-oder-Fuchs-Pipi abwischen, rein in den Mund, schön zerkauen und die grüne Pampe auf die brennenden Stellen schmieren. Zack, weg sind die Schmerzen! Anschließend schöpften wir Pfützenwasser ab, jagten die Brühe durch einen Kohlefilter und probierten: Schmeckte wie Wasser. War’s ja auch. Trotzdem entschieden wir uns für Bierchen und Limo, altersgerecht verteilt. Dazu gab’s Brotpfannkuchen aus der Lagerfeuerpfanne. Auch hier das Rezept: Mehl, Wasser, Öl, Salz vermischen, durchkneten, Fladen formen! Rin in die Pfanne, knusprig backen – lecker!
Wie? Draußen
schlafen?
Zum Schluss noch ein Ausrüstungs-Tipp:
Auf keinen Fall das Comic-Heft vergessen! Hilft beim Einschlafen, wenn ein Käuzchen überm Zelt lärmt. Außerdem saugt es nach der Lektüre noch für eine gute halbe Stunde einsickerndes Regenwasser auf. Und übrigens: Der Mastwurf ist keine Sportart für Wikinger, sondern ein Knoten. Braucht man etwa, um das Seil fürs Tarp zu spannen. Wie dieser Knoten geht, habe ich mittlerweile vergessen. Das Wochenende mit meinem Sohn jedoch, das bleibt für uns beide unvergesslich.
Ihr Bergischer Papa