Bergische Papa-Kolumne: "So oder so ..."

"Magie auf dem Pausenhof"

“Lasst alle ein bisschen mehr Magie ins Leben!“ – Ja klar, denke ich gähnend, während meine Jungs mit großen Augen an den Lippen der Ehrlich Brothers hängen. Ja klar, kommt doch mal morgen Früh um sechs bei uns in die Küche, schmiert Pausenbrote, packt Rucksäcke und sucht verstreute Schuhe zusammen. Sorgt dafür, dass die Jungs ein einziges Mal so pünktlich losgehen, dass ich nur noch entspannt hinterher winken muss und dabei in Ruhe meinen Kaffee weitersüppeln kann. Bisschen mehr Magie, ts …

Aber der Reihe nach! Es war einmal … Nein, zu märchenhaft. Es begab sich … Nein, zu biblisch. Also gut: Neulich standen wir vor der Wahl, den tristen Wochenendeinkauf im Supermarkt zu erledigen oder zu einer Show der Ehrlich Brothers zu fahren. Keine Frage – wir brauchten dringend mehr Magie und weniger Margarine in unserem Leben.
Der Grund: Weil in der Schule gerade das Thema „coolste Brotdose“ ganz oben rankte, wollten unsere Jungs komplett auf Pausenbrote verzichten. Die schlichten Blechdosen, in die ich morgens ihre Stullen quetschte, waren wohl Anlass für spöttische Kommentare gewesen. Ich fand sie ökologisch super und hip. Gut, ich muss auch nicht auf dem Pausenhof überleben. Trotzdem hielt ich meinen Söhnen einen Vortrag über Selbstbewusstsein, blöde Sprüche überhören, mit Witzen kontern und: Einfach selbst Trends setzen. Sie hatten den Raum verlassen, bevor ich den ersten Satz beendet hatte.

Aber was hat das jetzt mit den Ehrlich Brothers zu tun? Nun, zwischen schwebenden Zauberbrüdern und verschwindenden Sportwagen kam mir eine Erkenntnis: Magie ist im Grunde nur clever verpacktes Problemmanagement. Du willst nicht, dass jemand sieht, wie du die Freiheitsstatue verschwinden lässt? Sorg dafür, dass er woanders hinguckt! Du willst eine Münze aus der rechten Hand verschwinden lassen? Sorg dafür, dass alle auf die linke starren! Du willst nicht, dass eine Brotdose uncool ist? Zeit für ein bisschen Magie!

Ich beklebte die Brotdosen mit Star Wars-Aufklebern und malte mit dicken Eddings bunte Graffiti-Verzierungen drumherum. Die Dosen sahen bombastisch aus. Luke Skywalker meets Banksy. Ich war so zufrieden, ich hörte den jüngeren Ehrlich-Bruder „Hammer!“ rufen. Und dann? Meine Frau hat die Dosen weggeworfen, weil sie dachte, es sei Verpackungsmüll. Und meine Söhne nehmen jetzt morgens Bananen mit in die Schule. Komplett unverpackt. Voll die Trendsetter.

Und was sagt mein Vetter, der Grundschullehrer, dazu, als ich ihm von meiner gescheiterten Brotdosen-Magie berichte? „Amateur!“, sagt er. Wenn er auf dem Pausenhof mitbekommt, dass Turnschuhe, Rucksäcke, Jacken oder … ja, auch Brotdosen irgendwelchen Modediktaten und Coolness-Rankings unterworfen werden, greift er zu einer viel einfacheren Lösung: Er hört nicht hin.
Tagestrends in Schulklassen und auf Pausenhöfen, also zu wissen, was gerade doof ist und was nicht, entziehe sich der Lebenswelt eines durchschnittlichen europäischen Lehrkörpers komplett. Sein Fazit: Ohren und Augen immer schön auf Durchzug halten. Morgen wird sowieso die nächste Markensau durchs Dorf bzw. die Schulflure gejagt.

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Mehr Magie im Leben!

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Hm. Ich glaube nicht, dass Weghören immer die richtige Lösung ist. Zaubern kann ich aber offensichtlich genauso wenig, wie Brotdosen künstlerisch umgestalten. Letzten Endes haben Bananen unser konkretes Problem gelöst. Hier also mein Rat an alle Eltern, deren Kinder dem täglichen Druck der Schulhof-Trendsetter ausgesetzt sind: Mehr Obst – und unbedingt mal zu den Ehrlich Brothers fahren, es lohnt sich!

Bis zum nächsten Mal!

Euer

Bergischer Papa